Konferenz zur Zukunft Europas
Das größte Bürgerforum begann als „größtes Demokratie-Projekt“ vor ca. einem Jahr auf Ebene der EU. (Ich werde gesondert darüber berichten). Die Vorschläge der Bürger aus dem Bürgerforum der „Konferenz für die Zukunft Europas“ haben ihre Wirkung erzielt, denn das EU-Parlament hat gerade einen Vertragsänderungs-Konvent beschlossen.
Am 09.05.2021 wurde die Konferenz zur Zukunft Europas gestartet. Am 09.05.2022, nach einem Jahr also, wurde der Abschlussbericht vorgestellt. Nun lautet die Frage, was aus den Stimmen der Bürger und Bürgerinnen wird.
Ich fasse den Verlauf zur Erinnerung noch einmal kurz zusammen. Eine mehrsprachige digitale Plattform wurde eingerichtet, die es allen EU-BürgerInnen erlaubte, in den 24 EU-Sprachen zu kommunizieren. Vier europäische Bürgerforen wurden organisiert, bestehend aus jeweils je 200 zufällig gelosten BürgerInnen zu den Themenfeldern: 1. Eine stärkere Wirtschaft, soziale Gerechtigkeit und Beschäftigung/Bildung, Kultur, Jugend und Sport/digitaler Wandel; 2. Demokratie in Europa/Werte und Rechte, Rechtsstaatlichkeit, Sicherheit; 3. Klimawandel und Umwelt/Gesundheit; 4. Die EU in der Welt/Migration. Die Zusammenarbeit fand digital und in verschiedenen europäischen Städten statt. Ebenso wurden nationale Bürgerforen organisiert. Im Plenarsaal kamen dann Mitglieder vom EU-Parlament, der Kommission und dem Rat mit 80 gewählten Mitgliedern aus den Foren sowie Vertretern verschiedenster Ausschüsse zusammen, um über die Empfehlungen der nationalen sowie europäischen Bürgerforen zu beraten. Am Ende wurden 49 Empfehlungen zu verschiedenen Themenbereichen und 325 konkrete Maßnahmen erarbeitet. Das ganze wurde von unzähligen Events das Jahr hindurch begleitet. Ein unbeschreiblicher Aufwand.
Heute gab es eine online-Veranstaltung von Kontakt (europedirect-aachen.de) mit zwei Vertretern der EU-Institutionen sowie drei Teilnehmer: innen aus den Foren. Was mir heute auffällt ist, dass beide Seiten deutlich werden. Was es zu berichten gibt:
Über 17.000 Einträge wurden auf der Plattform verzeichnet. Die Themen über die am meisten diskutiert wurde, rückten auch „intern“ in den Focus. Die Themen „Europäische Demokratie“ und „Klimawandel“ wurden am meisten kommuniziert. Kleinere Mitgliedsländer beteiligten sich mehr als größere.
Es gab in der öffentlichen Meinung den Vorwurf, das Parlament habe die Bürger: innen der Bürgerforen „orchestriert“, denn die Meinungen waren zu oft gleich. Es wurde in der Diskussion heute Abend gesagt, dass die bereits früher stattgefundenen Bürgerdialoge kaum eine Chance hatten etwas zu verändern und diese Form der Bürgerforen eine Möglichkeit wären für die Zukunft. Veränderungen können nur schrittweise erfolgen, seien aber erklärtes Ziel des Parlaments im Hinblick auf einen Verfassungskonvent. Größere Veränderungen verlangen Änderungen von Gesetzen, ein ausreichendes Budget und sind maßgebend auf die Zusammenarbeit auf nationaler Ebene angewiesen. Über Vertragsänderungen wird im nächsten Monat im EU-Parlament diskutiert, dann kommt es auf die Regierungen an. 14 von 27 Regierungen müssen mindestens eine Debatte eröffnen. Vertragsreformen stehen immer nationalen Interessen im Weg, aber viele Probleme wie zum Beispiel Migration sind ein gemeinsames Problem der EU und sollten gemeinsam angegangen werden.
Die EU hat zuletzt eine Veränderung im Jahr 2009 vollzogen, jedoch keine endgültige Verfassung und seitdem viele Krisen zu bewältigen gehabt: Euro-Finanzkriege/ Migration/ Brexit/ Corona, muss nun die Maßnahmen der Klimakrise umsetzen und sich mit dem Krieg in der Ukraine auseinandersetzen. Gerade dieser Krieg zeigt, dass das Friedensprojekt „Europa“ nicht abstrakt ist, sondern sehr konkret.
Ein Teilnehmer gab zu bedenken, dass -gemessen an der Bevölkerungszahl der EU und der Beteiligung- nicht einmal 1% der Bevölkerung erreicht wurde und somit nicht die Rede sein kann von einer demokratischen Beteiligung der Bevölkerung. Das öffentliche Interesse ist insgesamt nicht besonders groß, auch während dieser Phase nicht. (Ich selbst war erstaunt, von der Übergabe der Vorschläge in den online-Nachrichten zu lesen und im Dlf zu hören). Es war sicher nicht leicht, sich in diesem Verfahren zurechtzufinden, aber das größte Bürgerbeteiligungsprojekt in der Geschichte der EU! Es ist sicher im Zuge der Entwicklung von Bürgerräten/ Bürgerforen ein bemerkenswerter Erfolg.
Heute befinden wir uns am Tag Abraham und Chet im Monat Metatron. Möge die Bedeutung der EU mehr und mehr erkannt werden.